Versicherungsbetrug: In Deutschland leider keine Seltenheit
Letzte Aktualisierung am: 3. Oktober 2024
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Wenn Versicherungsgesellschaften übers Ohr gehauen werden
Ereignet sich im Straßenverkehr ein Unfall, wird dieser in aller Regel von der Haftpflichtversicherung des Verursachers reguliert. Allerdings gibt es immer wieder Fälle, in denen Autofahrer einen Crash selbst herbeiführen, der Versicherung im Anschluss ein Gutachten mit viel zu hohen Reparaturkosten vorlegen und sich so eine goldene Nase verdienen möchten.
Bei dieser Masche handelt es sich jedoch um Versicherungsbetrug. Welche Folgen daraus resultieren können, wenn die Betroffenen erwischt werden und wie die Versicherungsgesellschaften bei einem Verdacht auf Betrug normalerweise vorgehen, erfahren Sie im folgenden Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Versicherungsbetrug
Jegliche betrügerischen Handlungen, die dem Zweck dienen, Leistungen von der Versicherung zu erschleichen, werden in der Regel als Versicherungsbetrug angesehen. Die Kfz-Versicherung ist davor genauso wenig gefeit wie beispielsweise die Unfall- oder Krankenversicherung.
Informationen zu den möglichen Strafen, die auf einen Versicherungsbetrug folgen können, erhalten Sie hier.
Die Verjährungsfrist bei einem Versicherungsbetrug beträgt fünf Jahre. Danach kann die Tat in der Regel nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.
Wann liegt Versicherungsbetrug vor? Eine Definition
Grundsätzlich gilt: Versicherungsbetrug begeht, wer durch unwahre Behauptungen oder Täuschungen versucht, Geld von der Versicherung zu ergaunern, das ihm eigentlich gar nicht zusteht. Die Methoden, welche bei diesem Schwindel zum Einsatz kommen, sind unterschiedlich. Besonders gängig sind jedoch bei einem Versicherungsbetrug in puncto Auto diese vier Beispiele:
- Der Unfallhergang wurde falsch geschildert: Kraftfahrer, die einen Blick in Ihre Versicherungsunterlagen geworfen haben, wissen genau, dass eine sogenannte Obliegenheitsverletzung vorliegt, wenn ein Unfall auf eine grobe Fahrlässigkeit Ihrerseits zurückzuführen ist. Da die Versicherung die Zahlung in einem solchen Fall verweigern kann, beschließen manche Fahrer, den Unfallhergang so zu frisieren, dass niemand darauf schließen kann, dass der Crash grob fahrlässig verursacht wurde.
- Der Schaden wurde vorsätzlich herbeigeführt: Zum Teil gibt es Fahrer, die sich ganz bewusst in einen Verkehrsunfall verwickeln lassen, bei der Versicherung jedoch unschuldig tun und behaupten, das Ganze sei rein zufällig geschehen. Da bewusst herbeigeführte Schäden nicht abgedeckt sind, handelt es sich auch hierbei um Versicherungsbetrug.
- Der gemeldete Schaden ist in Wahrheit viel geringer: Melden Autofahrer der Versicherung einen viel höheren Schaden, als der in Wahrheit vorhandene, liegt ebenfalls eine Täuschung und somit ein Versicherungsbetrug vor. Schließlich wandert der Überschuss der Entschädigungssumme in die eigene Tasche der betroffenen Fahrer.
- Es hat gar kein Schadensereignis gegeben: Zu guter Letzt beschließen manche Kraftfahrer, der Versicherung einen Schaden zu melden, den es nie gegeben hat. Dabei greifen sie häufig auf bearbeitete Fotoaufnahmen sowie gefälschte Kfz-Gutachten zurück, um die Verantwortlichen so hinters Licht zu führen.
Sind Sie der Meinung, in einen Betrugsfall verwickelt worden zu sein, können Sie Ihren Verdacht auf Versicherungsbetrug melden. Dabei haben Sie in der Regel zwei Möglichkeiten: Zum einen können Sie die betroffene Versicherungsgesellschaft zunächst einmal darauf hinweisen, dass Sie vermuten, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Zum anderen können Sie sich jedoch auch gleich an die Polizei wenden und den vermeintlichen Versicherungsbetrug anzeigen.
Versicherungsbetrug: Welche Strafe droht?
Wer sich gegenüber der Versicherung einen Betrug leistet, begeht keine Ordnungswidrigkeit mehr, sondern eine Straftat. Es handelt sich dabei also längst nicht mehr um eine Lappalie. Bei einem Versicherungsbetrug mit Kfz wird die Strafe fällig, die gemäß § 263 des Strafgesetzbuchs (StGB) auch dann droht, wenn der allgemeine Tatbestand des Betrugs als erfüllt gilt.
Im ersten Absatz des genannten Paragraphen heißt es dazu:
Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß [sic] er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Allein der Versuch, einen Versicherungsbetrug bei einem Autounfall zu begehen, stellt eine Straftat dar. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Betrug gewerblich abläuft oder der Betroffene als Bandenmitglied agiert, kann ein (versuchter) Versicherungsbetrug ein höheres Strafmaß aufweisen. Dann ist sogar eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren möglich.
Sollte es sich um einen vorsätzlich herbeigeführten Schaden handeln, hat der Betroffene außerdem die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Daher liegt in einem solchen Fall neben dem eigentlichen Versicherungsbetrug weiterhin ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vor. Gemäß § 315b Absatz 1 StGB kann darauf eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren folgen.
Ob ein Versicherungsbetrug lediglich eine Geldstrafe oder doch eine Haftstrafe nach sich zieht, hängt also vor allem von der Schwere der Tat und den jeweiligen Umständen ab. Übrigens: Nach fünf Jahren unterliegt ein Versicherungsbetrug der Verjährung (§ 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB) und kann dann normalerweise nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.
Verdacht auf Versicherungsbetrug: Wie Versicherungen vorgehen
Sobald eine Schadensmeldung die jeweilige Versicherung erreicht, prüft diese normalerweise zunächst einmal den vorliegenden Fall. Sollte sie dabei auf Unstimmigkeiten stoßen, wird sie weitere Unterlagen, wie beispielsweise Fotos, Gutachten oder Kaufbelege, anfordern. Diese werden anschließend genau überprüft, um festzustellen, ob sie überhaupt authentisch sind.
Zum Teil greifen Versicherungsgesellschaften auch darauf zurück, einen eigenen Gutachter mit der Überprüfung des vermeintlich vorliegenden Schadens zu beauftragen. Stellt sich daraufhin heraus, dass ein Versicherungsbetrug gegenüber der Vollkasko, Teilkasko oder Haftpflicht vorliegen muss, kann die Gesellschaft Anzeige erstatten. Anschließend nimmt sich die Staatsanwaltschaft der Sache an.
Versicherungsbetrug: Beispiele gefällter Urteile
Im Folgenden haben wir für Sie zwei Urteile zusammengefasst, bei denen es um Versicherungsbetrug ging:
Fall Nummer Eins: Versicherungsbetrug im ganz großen Stil
- Am 16. Februar 2018 verurteile das Landgericht Bonn eine Bande, die bereits seit Jahren Versicherungsbetrug im großen Stil betrieben hatte.
- Mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms hatten die Täter Fotos von teuren Wagen mit Beulen und Schrammen versehen, um so Geld von diversen Versicherungen zu kassieren. Beschädigt war jedoch nicht eines der Fahrzeuge.
- Insgesamt 14 Mitglieder waren angeklagt, der Haupttäter erhielt eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Wegen Beihilfe erhielten drei weitere Bandenmitglieder zwei Jahre auf Bewährung, acht Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe.
- Die Bande hatte zwischen 2008 und 2013 europaweit insgesamt rund 600.000 Euro erbeutet.
Fall Nummer Zwei: Versicherungsbetrug in den eigenen vier Werkstattswänden
- Am 3. Dezember 2015 stand der Betreiber einer Autowerkstatt aufgrund von Versicherungsbetrug vor dem Amtsgericht Ebersberg.
- Er hatte Verkehrsunfälle vorgetäuscht, um die Kraftfahrzeuge im Anschluss in seiner eigenen Werkstatt zu reparieren und sich daraufhin Geld von der Versicherung zu erschleichen.
- Auf einem privaten Grundstück hatte der 53-Jährige die Schäden an den Fahrzeugen selbst herbeigeführt und das Ganze von unterschiedlichen Komplizen danach bei diversen Versicherungen melden lassen. Gegen diese wurden eigene Verfahren eingeleitet.
- Der Haupttäter erhielt zwei Jahre auf Bewährung aufgrund von Versicherungsbetrug in mehreren Fällen. Über die Jahre hinweg hatte er mit seiner Masche mindestens 280.000 Euro erbeutet.
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