Verschlechterungsverbot: Eine Definition

Von Sascha D.

Letzte Aktualisierung am: 5. Oktober 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Das Verschlechterungsverbot: Was hat es damit auf sich?

Das Verschlechterungsverbot verhindert, dass eine sogenannte Verböserung erfolgt.
Das Verschlechterungsverbot verhindert, dass eine sogenannte Verböserung erfolgt.

Einer Verkehrsordnungswidrigkeit folgen in der Regel ein Bußgeld, Punkte oder ein Fahrverbot von bis zu drei Monaten. Welche Sanktion vergeben wird, ist stets abhängig von der Schwere der Tat. So folgen beispielsweise einem Rotlichtverstoß, bei dem die Ampel bereits über eine Sekunde auf Rot geschaltet war, gemäß Bußgeldkatalog ein Bußgeld von 200 Euro,  zwei Punkte und ein Fahrverbot von einem Monat.

Erhalten Kraftfahrer einen Bußgeldbescheid haben Sie stets die Möglichkeit, Einspruch einzulegen, sollten Sie auf Fehler stoßen oder sie die Tat nicht begangen haben. Doch was passiert, wenn die Behörde den Einspruch ablehnt oder es zum Gerichtsverfahren kommt? Kann die Strafe zu Ungunsten des betroffenen Fahrers verändert werden?

FAQ: Verschlechterungsverbot

Was bedeutet „Verschlechterungsverbot“?

Legen Betroffene in einem Gerichtsverfahren Rechtsmittel wie einen Einspruch oder eine Rechtsbeschwerde ein, darf das bereits bestehende Urteil nicht zu ihren Ungunsten verändert werden.

Gilt das Verschlechterungsverbot auch im Bußgeldverfahren?

Im Bußgeldverfahren ist dieses Prinzip nur bedingt anwendbar. Kommt es zur einer Gerichtsverhandlung, können neue Beweise oder Erkenntnisse durchaus zu höheren Sanktionen führen.

Wann greift das Verschlechterungsverbot im Bußgeldverfahren immer?

Fehlt der Hinweis auf eine mögliche Verschlechterung beim Einlegen von Rechtsmitteln, tritt das Verschlechterungsverbot ein. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die juristische Bedeutung vom Verschlechterungsverbot

Das Verschlechterungsverbot gilt im Bußgeldverfahren nicht.
Das Verschlechterungsverbot gilt im Bußgeldverfahren nicht.

Das juristische Prinzip der Reformatio in Peius bedeutet auf Deutsch so viel wie Verschlechterung oder Verböserung. Es kommt immer dann zum Tragen, wenn jemand ein Rechtsmittel einsetzt und das Ergebnis zu seinen Ungunsten ausfällt. Als Rechtsmittel beim Verwaltungsakt gelten der Einspruch bzw. die Beschwerde und beim Gerichtsbeschluss sind das die Berufung bzw. die Revision.

Nun gibt es insbesondere im Strafrecht gemäß § 358 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) auch das sogenannte Verschlechterungsverbot. Dieses besagt, dass ein gefälltes Urteil im Nachhinein nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden darf, sollte ein Rechtsmittel eingelegt werden.

Ob eine Verböserung erfolgen kann bzw. ob ein Verschlechterungsverbot vorliegt, ist allerdings auch von verschiedenen Umständen abhängig. Zulässig ist eine Verschlechterung nach deutschem Recht einfach gesagt nur dann, wenn der in Einspruch gehende explizit per Rechtsbelehrung darauf hingewiesen wird, dass nach Prüfung auch eine ungünstigere Entscheidung gefällt werden kann.

Beispiel: Verschlechterungsverbot bei einer Prüfung in der Schule

Der Ausschluss von Reformatio in Peius lässt sich am besten mit einem Beispiel verdeutlichen. Wurde in der Schule ein Test geschrieben und fällt dem Lehrer erst im Nachhinein auf, dass er hätte eine schlechtere Note geben müssen, ist ihm das nicht möglich. Denn auch hier gilt also das Verschlechterungsverbot. Findet ein Schüler aber noch Punkte, welche vom Lehrer nicht berücksichtigt worden sind, muss der Lehrer eine bessere Note geben. Die Verbesserung ist also stets möglich.

Gilt im Bußgeldverfahren auch das Verschlechterungsverbot?

Verschlechterungsverbot: Nach der Prüfung Ihres Einspruchs kann die Strafe größer sein.
Verschlechterungsverbot: Nach der Prüfung Ihres Einspruchs kann die Strafe größer sein.

Müssen Sie damit rechnen, dass ein höheres Bußgeld folgt, wenn Sie einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen oder gilt hier das Verschlechterungsverbot?

Auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren lässt sich das Verschlechterungsverbot nur bedingt anwenden.

Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, ist eine höhere Strafe durchaus möglich.

Voraussetzung für die Verschlechterung ist aber, dass neue Erkenntnisse hinzukommen, die bei der Erstellung des Bußgeldbescheids keine Berücksichtigung fanden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Sie mit zu hoher Geschwindigkeit durch eine Baustelle gefahren sind, im Bescheid aber nur der Geschwindigkeitsverstoß geahndet wurde. Wird Einspruch eingelegt, könnte dann die Baustelle wieder relevant werden und die Strafe entsprechend schwerer ausfallen.

Grundsätzlich gilt auch beim Verfahren über Verkehrsordnungswidrigkeiten, dass die betroffene Person auf die Möglichkeit einer Entscheidung zu ihren Ungunsten hingewiesen werden muss. Wird dies versäumt, gilt das Verschlechterungsverbot. Im § 66 Abs. 2 Nr. 1b heißt es:

Der Bußgeldbescheid enthält ferner den Hinweis, daß bei einem Einspruch auch eine für den Betroffenen nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann, […]

Demnach sollten alle Kraftfahrer genau abwägen, ob sie einen Einspruch einlegen. Dieser sollte unbedingt begründet sein. Kommt es nämlich zu einem Urteil im Bußgeldverfahren, ist es möglich, dass das Ergebnis zum Nachteil der einsprechenden Person ausfallen kann. Grundsätzlich sollte daher im Vorfeld der Rat eines erfahrenen Anwalts in Anspruch genommen werden.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (61 Bewertungen, Durchschnitt: 4,51 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

male author icon
Sascha D.

Sascha ist aufgrund seines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Greifswald ein Experte auf seinem Gebiet. Seit 2017 unterstützt er die Redaktion von bussgeldrechner.org mit seinem profundem Hintergrundwissen. Dabei stellt er sicher, dass seine Artikel inhaltlich fundiert und präzise sind.

1 Kommentar

  1. Gerald

    11. Juli 2019 um 11:43

    Bei Einlegung eines ‚Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten spätestens vor dem Aufruf zur Sache darauf hinweisen, dass eine Verschlechterung möglich ist; besser eine solche Aufklärung geschieht bereits vor der Fahrt zum Termin oder früher.. Der Hinweis nach § § 66 Abs. 2 Nr. 1 b OWiG ist in jedem Bußgeldbescheid standardmäßig enthalten.

Verfasse einen neuen Kommentar