Führerscheintourismus: Welche Richtlinien gibt’s?
Letzte Aktualisierung am: 7. Juli 2024
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Wie funktioniert der Führerscheintourismus?
Wer in Deutschland gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) verstößt, muss je nach der Höhe des Verstoßes mit entsprechenden Sanktionen rechnen. Für geringfügige Verstöße wird häufig nur ein Verwarngeld verhängt. Sollten Sie jedoch in höherem Maße gegen das Verkehrsrecht verstoßen haben, sind häufig Bußgelder, Punkte in Flensburg und auch Fahrverbote das Ergebnis. Bei strafrechtlich relevanten Tatvorwürfen drohen sogar Führerscheinentzug, Geld- oder Freiheitsstrafen.
Viele Autofahrer, die sich in dieser Situation befinden, wollen die Behörden austricksen und nach dem Fahrerlaubnisentzug statt einer MPU einen Führerschein im EU-Ausland machen. Die Idee dahinter: Der EU-Führerschein ist in allen Mitgliedsstaaten gültig, weshalb sie glauben, mit dem im Ausland erworbenen Führerschein dann auch problemlos in Deutschland fahren zu dürfen. Warum das so einfach nicht funktioniert und welche Sanktionen beim sogenannten Führerscheintourismus drohen, erfahren Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Führerscheintourismus
In der Regel gilt das Beschaffen einer ausländischen Fahrerlaubnis nach einer Sperre in Deutschland als Führerscheinourismus.
Um einen gültigen ausländischen Führerschein zu erhalten, muss der Wohnsitz für mindestens 185 Tage im Jahr in diesem Land liegen. Zudem darf in Deutschland keine Sperrfrist bestehen.
Nein, weder eine MPU noch eine Sperrfrist können durch Führerscheintourismus umgangen werden.
Wie sieht die Rechtslage zum Thema aus?
Das System des Führerscheintourismus‘ ist kein neues Phänomen. In Fällen von Alkoholverstößen wird ggf. eine sogenannte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verhängt, die mit Kosten und Zeitaufwand verbunden ist und nicht immer bestanden wird. Dabei geht es darum, zu beweisen, dass Sie sich Ihres Fehlverhaltens im Straßenverkehr bewusst sind und in Zukunft sicherer und vorsichtiger fahren werden. Erst nach bestandener MPU und erfolgter Wiedererteilung der Fahrerlaubnis dürfen Sie dann ggf. wieder legal mit dem Auto oder anderen Fahrzeugen fahren.
Bereits kurz nach der Einführung des EU-Führerscheins kamen daher die ersten MPU-Anwärter in Deutschland auf die Idee, einen Urlaub mit dem Erwerben einer ausländischen Fahrerlaubnis zu kombinieren. So war der Führerscheintourismus geboren.
Wer aber glaubt, mit diesem Trick die deutschen Behörden hintergehen zu können, begeht oftmals einen Fehler. Ein solcher „Urlaubsführerschein“ ist in Deutschland seit 2009 offiziell nicht mehr gültig. Der Grund dafür liegt im „Kleingedruckten“ der Rechtslage.
Denn in § 28 Absatz 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist festgelegt, dass ein im EU-Ausland ausgestellter Führerschein nur dann Gültigkeit besitzt, wenn:
- Der Besitzer zum Zeitpunkt der Ausstellung mindestens 185 Tage im Ausstellungsland wohnhaft war
- In Deutschland zum Zeitpunkt der Ausstellung keine Sperrfrist ausgesetzt war
Sind diese Parameter nicht erfüllt, wird der ausländische Führerschein in Deutschland nicht anerkannt und der Führerscheintourismus führte nicht zum gewünschten Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2011 zudem, dass ein solcher Führerschein nicht erst durch die Behörden für ungültig erklärt werden müsse, sondern grundsätzlich und von vornherein nicht gültig ist.
Welche Strafen drohen bei Führerscheintourismus?
Diejenigen, die vom Führerscheintourismus Gebrauch machen, um einen Fahrerlaubnisentzug oder Ähnliches in Deutschland zu umgehen, gehen häufig davon aus, dass es sich dabei um eine Bagatelle handelt, die im Zweifelsfall schnell vom Tisch ist. Die Gesetzeslage sieht jedoch anders aus.
Grundsätzlich ist es nicht strafbar, einen Führerschein im Ausland zu machen. Rein theoretisch könnten Sie in jedem Land der Welt einen separaten Führerschein machen. Ihnen muss jedoch bewusst sein, dass diese Fahrerlaubnis dann zunächst nur im entsprechenden Land gültig ist.
Komplizierter ist es allerdings mit der Anrechnung bzw. Gültigkeit dieser Fahrerlaubnisse in anderen Ländern. Die Richtlinien sind diesbezüglich klar festgelegt und komplex durchdacht, nicht zuletzt um dem Führerscheintourismus entgegenzuwirken. Sind die oben genannten Punkte nicht erfüllt, wenn ein Führerschein im Ausland erworben wird, ist er in Deutschland nicht gültig.
Wer einen solchen Führerschein nutzt, um am deutschen Straßenverkehr teilzunehmen, begeht nach § 21 des Straßenverkehrsgesetzes eine Straftat. Dort heißt es bezüglich des „Fahrens ohne Fahrerlaubnis“:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer […] ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist […].
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